Turck: Plagiatschutz mit RFID

Hersteller von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen haben laut VDMA-Studie 2014 zu 83 Prozent mit Plagiaten zu kämpfen.
Hersteller von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen haben laut VDMA-Studie 2014 zu 83 Prozent mit Plagiaten zu kämpfen.

Plagiate bereiten Unternehmen in unterschiedlichen Branchen zunehmend Probleme. Neben rechtlichen Wegen gibt es aber auch technische Möglichkeiten, sich effizient vor dem Verkauf von gefälschten Produkten oder Ersatzteilen zu schützen. Im industriellen Umfeld eignen sich vor allem robuste RFID-Systeme zur Identifikation von Ersatz- und Verschleißteilen – beispielsweise von Turck.

Weltweit beschäftigen sich Unternehmen mit der Herausforderung, ihr Geschäft und ihr Know-how vor unautorisierten Nachahmern zu schützen. Auch der deutsche Maschinen-und Anlagenbau hat mit Plagiaten zu kämpfen, wie eine Studie des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA) deutlich macht: Maschinen und insbesondere Ersatzteile von Maschinen werden häufig nachgebaut.

Die „VDMA-Studie Produktpiraterie 2014“ zeigt auf, dass im Schnitt 71 Prozent der Maschinenbauer hierzulande von Produktpiraterie betroffen sind. Noch gravierender stellt sich die Zahl bei den Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern dar: In dieser Gruppe zählt die Studie sogar 90 Prozent betroffene Unternehmen. Laut Studie verursachten die Plagiate im Jahr 2013 für die betroffenen Unternehmen einen Umsatzverlust von geschätzten 7,9 Milliarden Euro.

Das modulare RFID-Portfolio von Turck erlaubt die passgenaue Konzeption von Identifikationslösungen, nicht nur für den Produktschutz.

Das modulare RFID-Portfolio von Turck erlaubt die passgenaue Konzeption von Identifikationslösungen, nicht nur für den Produktschutz.

Produktschutz durch RFID

Ein Weg, der sich vor allem für Industriemaschinen anbietet, ist die Identifikation von Bauteilen mittels RFID. Der große Vorteil gegenüber anderen Technologien ist, dass RFID-Lösungen Industriestandards entsprechen und auch in der rauen Industrieumgebung meist reibungslos funktionieren. Im Gegensatz zu anderen Identifikationsverfahren können RFID-Datenträger zudem so in einem Werkzeug, einem Werkstückträger oder anderen relevanten Komponenten verbaut werden, dass sie nicht ohne Weiteres ausgetauscht werden können. So lässt sich das unerlaubte Nutzen von Plagiaten deutlich erschweren.

Auch die Integration in die bestehende Automationsinfrastruktur des Kunden ist denkbar einfach, denn das BL-ident-System lässt sich an den gängigen industriellen Feldbussen und Ethernet-Systemen betreiben. Dabei können Schreibleseköpfe für unterschiedliche Frequenzbänder (HF und UHF) am selben Gateway und sogar an denselben Modulen eingesetzt werden. Bei Bedarf erleichtern Codesys-programmierbare Gateways oder mitgelieferte Funktionsbausteine die Datenintegration in vorhandene Systeme und Steuerungen.

Auch bei den Schreibleseköpfen bietet BL ident eine große Auswahl für viele Anwendungsfälle und Reichweiten. Brandneu ist zum Beispiel der TB-Q08, der derzeit kleinste ISO-15693-konforme RFID-Schreiblesekopf in Schutzart IP67 auf dem Markt. Dank seiner kompakten Quaderbauform mit 32 mm x 20 mm x 8 mm und der 150 mm langen Anschlussleitung mit M12-Stecker eignet sich der TB-Q08 insbesondere für den Einsatz in beengten Einbausituationen.

Vor allem in Kombination mit den neuen R10- und R12-Datenträgern von Turck kann der TB-Q08 seine Stärken bei der Identifizierung von Metallobjekten voll ausspielen.

René Steiner

René Steiner

„Die neuen Datenträger mit zehn und zwölf Millimeter Durchmesser lassen sich direkt in Metall montieren und sind mit einem Chip ausgestattet, der Passwortfunktionalität unterstützt. Der Anwender kann so in Verbindung mit BL ident mühelos vereinfachten Plagiatschutz, Zugriffsschutz, Zugriffsrechteverwaltung etc. realisieren.“ René Steiner, Business Development Manager RFID der Hans Turck GmbH & Co. KG, Mülheim a. d. Ruhr.

Serialisierung für Arzneimittel

Wie sich effizienter Plagiatschutz in der Praxis umsetzen lässt, zeigt Turck Korea mit einem Serialisierungsprojekt für die Pharmaindustrie. Sämtliche Medikamentenverpackungen können so zweifelsfrei ihrer Produktionsserie zugordnet werden. Hersteller und Charge des Medikaments müssen an jedem Punkt der Herstellungs- und Vertriebskette identifi zierbar sein. Sobald die Medikamente in der ersten Verpackungseinheit (Primärverpackung) landen, beispielsweise einer Blisterverpackung, werden sie mit einer Seriennummer und einem Baroder Data-Matrix-Code ausgezeichnet. Diese Identifikation muss auch in größeren Verpackungseinheiten auch beim Großhändler oder Logistikdienstleister und schließlich auch in der Apotheke möglich sein.

Das Pilotprojekt für den Pharmahersteller Daewon Pharm wurde von der südkoreanischen Regierung gefördert und steht beispielhaft für eine automatisierte Serialisierung von Pharmaprodukten. Doch neben der eigentlichen Identifikation liegt der Clou des Projekts an anderer Stelle: Die Daten müssen im System nicht nur an einzelnen Punkten vorliegen, sondern in einer Daten-Cloud verfügbar sein, die in der finalen Ausbaustufe von der gesamten Produktions- und Vertriebskette genutzt wird. Heute endet die durchgängige Serialisierung beim Einlagern der Arzneimittel im Lager von Daewon. In der finalen Ausbaustufe werden dann auch Großhändler und jede einzelne Apotheke in das System und die Daten-Cloud eingebunden.

Turck Korea leistete den Automatisierungsteil im Projekt. Turck entwickelte und baute Maschinen, die die notwendigen Datenträger auf unterschiedliche Verpackungseinheiten drucken, fixieren, überprüfen und lesen. Diese Maschinen kommunizieren wiederum mit einem Datenbanksystem und bilden die Produktions- und Verpackungsprozesse dort zentral ab.

Die Box Matching Machine von Turck Korea erfasst in einem Lesevorgang bis zu 500 Arzneimittelpackungen in einem Karton.

Die Box Matching Machine von Turck Korea erfasst in einem Lesevorgang bis zu 500 Arzneimittelpackungen in einem Karton.

Box Matching Machine

Eine der Maschinen, die Turck für das Projekt entwickelte und baute, ist die Box Matching Machine. Vor dem Einlagern müssen die einzelnen Arzneimittelverpackungen zu größeren Einheiten zusammengefasst werden, sollen aber einzeln identifizierbar bleiben, um eine lückenlose Verfolgung sicherzustellen. Die Box Matching Machine identifiziert per RFID alle in einem Karton enthaltenen Packungen, selbst wenn dieser verschlossen ist.

Hier liegt ein großer Vorteil von RFID gegenüber der Barcode-Technik: In einer Pulk-Lesung kann der gesamten Inhalt der Kiste (bis zu 500 einzelne Datenträger) ausgelesen werden. Der Verpacker fügt einen Karton mit Arzneimitteln einfach in die Öffnung der Maschine ein. Der Lesevorgang startet automatisch. Zehn RFID-Antennen erfassen dabei alle Tags innerhalb des Kartons. Eine Antenne bewegt sich innerhalb der Maschine, um Doppellesungen oder nicht gelesene Verpackungen auszuschließen. Ebenso bewegen Laufrollen im Inneren der Maschine die Kiste hin und her, um jeden Tag eindeutig zu erfassen.

Zehn RFID-Reader sind in jeder Box Matching Machine verbaut.

Zehn RFID-Reader sind in jeder Box Matching Machine verbaut.

Im Anschluss an die Identifizierung druckt die Maschine ein Etikett mit Barcode und Seriennummer, das zur weiteren Identifikation und zum Versand auf den Karton geklebt wird. Die kompakte Maschine ist gerade einmal 1,6 m hoch und sehr mobil. Auch große Teile der Box Matching Machine konnte Turck aus dem eigenen Portfolio beisteuern. Sicherheitslichtgitter, Notaustaster und andere optische Sensoren stammen von Banner Engineering, Turck lieferte seine BL20-Ethernet-I/O-Stationen, Netzteile, Ethernet-Switches sowie die HMI-Codesys-Steuerung VT250.

Im Maschinenbau ist Plagiatschutz bislang eine freiwillige Entscheidung der Hersteller. In der Pharmabranche wurden hingegen vom Gesetzgeber Fakten geschaffen. Da Plagiate hier gesundheitsgefährdend sind, werden Hersteller in der EU und anderen Wirtschaftsräumen verpflichtet, eine durchgehende Serialisierung einzurichten. In der EU soll das bis 2019 flächendeckend umgesetzt sein.