Schutzrechte 4: Neue Praxis bei Wort-Bildmarken

Die europäischen Ämter des gewerblichen Rechtschutzes haben ein Netzwerk ins Leben gerufen, das sich zum Ziel gesetzt hat, zumindest innerhalb Europas eine verbesserte Harmonisierung bei der Beurteilung vom Marken- und Designschutzrechten zu erreichen. Damit einher geht eine verbesserte Rechtssicherheit für die Anmelder hinsichtlich der Eintragbarkeit von Marken.

Bei der Beurteilung der sogenannten Unterscheidungskraft, die absolute Voraussetzung für eine Eintragung einer Wort-Bildmarke in das amtliche Register ist, wurde bisher ein strenger, in starkem Maße am Wort orientierter Maßstab angelegt. Die Unterscheidungskraft ist dabei so definiert, dass die Marke geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen eines Inhabers der Marke von denen eines anderen zu unterscheiden. Dies ist nicht der Fall, wenn das Wort die Möglichkeit zur Unterscheidung nicht bietet, wie z. B. eine Marke „knusprig und frisch“ für Backwaren, weil die Backwaren von (fast) jedem Bäcker knusprig und frisch sind.

Ein ebensolches Hindernis für die Eintragung ist es, wenn das Wort beschreibend ist (Marke „Brot“ für Backwaren) oder ein Freihaltebedürfnis besteht, weil jeder andere Bäcker sein Brot auch mit diesem Begriff bezeichnen können muss, ohne ein fremdes Markenrecht zu verletzen. Dies ist immer auch zu bedenken, wenn eine Marke entwickelt werden soll.

Wort-Bildmarken mit grafischer Ausgestaltung

Nun bietet die Wort-Bildmarke mit grafischer Ausgestaltung einen möglichen Ausweg, um das Problem eines nicht unterscheidungskräftigen Wortes zu umgehen. Allerdings waren die Anforderungen an die grafische Ausgestaltung in letzter Zeit derart hoch, dass ein solcher Versuch beinahe aussichtslos, zumindest aber riskant war. Dieses Risiko zu vermindern, ist das große Verdienst der neuen gemeinsamen Praxis. Denn die getroffenen Regelungen geben nicht nur den Markenprüfern bei den Ämtern eine klare Orientierung an die Hand, sondern ebenso dem Markenanmelder, der bereits bei der Gestaltung des Zeichens Einfluss nehmen kann auf die Chancen einer Eintragung.

Die „Gemeinsame Mitteilung zur Gemeinsamen Praxis zur Unterscheidungskraft – Wort-/Bildmarken mit beschreibenden/ nicht unterscheidungskräftigen Wörtern“ vom 2. Oktober 2015 des Netzwerks stellt neben den ausführlichen rechtlichen Erläuterungen auch grafische Positiv- und Negativbeispiele zur Verfügung, anhand derer auch mit dem Markenrecht nur in Grundzügen vertraute Nutzer zu einer Einschätzung gelangen können. Damit ist die Mitteilung auch ein wichtiges Werkzeug für Marketing- und Werbeabteilungen, aus denen erfahrungsgemäß häufiger markenrechtliche Probleme herrühren. Wie so oft im rechtlichen Bereich, so sind auch im Markenrecht Risiko und Kosten am niedrigsten, wenn von Anfang an bestimmte Kriterien angemessene Beachtung finden.

Die in der Mitteilung behandelten Kriterien betreffen die Gestaltung und Anordnung der Wortelemente, die bereits unterscheidungskräftig werden können, wenn die grafischen Bestandteile von Schriftbild und Schriftart die Aufmerksamkeit des Verbrauchers von der beschreibenden Bedeutung abzulenken vermögen und eben dadurch einen bleibenden Eindruck der Marke hinterlassen. Bei der ungewöhnlichen Anordnung der Wortelemente kommt es darauf an, dass der Verbraucher seine Aufmerksamkeit eher darauf richtet, als unmittelbar die beschreibende Aussage zu erfassen. Bei der Kombination mit Farben tragen besondere Farbanordnungen, die ungewöhnlich und für den maßgeblichen Verbraucher einprägsam sind, zur Unterscheidungskraft der Marke insgesamt bei.

Neben der reinen Schriftgestaltung kommt ergänzenden Grafikelementen bei Wort-Bildmarken eine besondere Bedeutung zu, sofern es sich nicht nur um einfache geometrische Formen wie Punkte, Linien, Kreise, Quadrate usw. handelt oder nur Umrandungen oder Rahmen des Worts vorgesehen sind. Auch hierbei ist es wichtig, dass die Elemente durch ihre Präsentation, Gestaltung oder Kombination mit anderen Elementen zu einem Gesamteindruck führen, der unterscheidungskräftig ist.

Ein sehr wichtiger Aspekt betrifft die Proportion zwischen dem Wort und dem Bildelement. Eintragungsfähig ist dabei ein Zeichen, bei dem das Bildelement aufgrund seiner Größe und Position klar im Zeichen erkennbar ist. Hierzu ist es aber erforderlich, dass nicht das Bildelement seinerseits beschreibend ist, indem es z. B. die betreffenden Waren darstellt oder symbolisiert und diese dabei nicht ausreichend stilisiert oder sonst wesentlich von der gebräuchlichen Darstellung abweicht.

Dokument mit Beispielen

Autor: Hans-Peter Gottfried (Patentanwalt, Dresden)